Fotos und Text Urs Nötzli
1972 – 125 Jahre Schweizer Bahnen, Dampflokifest Degersheim und Düwag 2. Serie
Teil 1
Wenn der Schreibende schon „Titel“ verleiht, dass muss er sie auch begründen! 1972 waren es immerhin 125 Jahre her, seit dem die erste reine Schweizer Bahnstrecke zwischen Zürich und Bahnen in Betrieb ging. Die Folge davon war das Dampflokfest in Degersheim, wo (Fahrzeug-) Gäste aus Österreich und Deutschland in der Schweiz ihre Aufwartungen machten. Und schlussendlich durfte die Basler Verkehrsbetriebe im gleichen Jahr ihre lang ersehnte zweite Serie der Düwag’s in Betrieb nehmen, deren Fahrmotoren nach Problemen bei der ersten Serie von BBC stammten.
Beginnen wir im Appenzöllerischen, in Trogen, Landsgemeindeort des Kantons Ausserhoden:
Ein Triebwagen mit einem Wagen stand bereit für die Fahrt nach St.Gallen. Die mit 1000Volt-Gleichspannung betriebene, 9,8 km lange und mit 75 ‰ recht steile, grösstenteils in der Strasse oder gleich daneben liegende Bahnstrecke befährt eine landschaftlich sehr schöne Gegend. Dass es Anfangs Jahr nicht das allerbeste gewünschte Wetter gab, ist in der Zwischenzeit in Vergessenheit geraten.
So nahmen meine damalige Partnerin und ich anschliessend das Postauto mit Ziel Heiden, Kurort und Aussichtspunkt (oberhalb der Kirche) mit herrlicher Sicht auf den Bodensee, das „schwäbische Meer“. Der Dreistaatensee hat sich nach dem 2. Weltkrieg recht gut entwickelt, ist einerseits Wasserreservoir bis nach Stuttgart hinaus, Wein- Gemüse- und Obstgebiet sowie vor allem für die nördlichen Teutonen bereits eine Feriendestination im Süden, derweil Österreicher und Schweizer sich noch südlicher herumtreiben. Leider hat das Projekt „Bodensee-S-Bahn“ noch nicht den Weg in die Realisation gefunden. Etwas Fahrleitung fehlt, selbst wenn jetzt Lindau mit Friedrichshafen und weiter auf der „schwäbischen“ Südbahn bis Ulm ans elektrische Bahnnetzt angeschlossen wird. Radolfzell – Friedrichshafen fehlen eben immer noch . . .
Derweil kommen volle deutsche Schiffe in Rorschach Hafen an, wo die kleine gross geschriebene RHB mit ihren Zahnradtriebfahrzeuge und einem vielfältigen Rollmaterialpark die erlebnishungrigen Ausflügler übernimmt.
In Heiden stand der DZeh 2/4 21 der normalspurigen Rorschach – Heiden – Bahn, scheinbar vor kurzer Zeit revidiert, was die silberne, unverschmutzte Dachpartie zeigt. Ein recht kurioses Fahrzeug mit nur einem talseitigen Führerstand. Im Betrieb wurden die Wagen immer bergwärts gekuppelt und so Heiden erreicht. Mittels einer Klingelleitung wurden dem Lokführer die Befehle vom auf dem jeweils vordersten Wagen postierten Zugführer durchgegeben. Notfalls hatte er immer einen Notbremshahn zur Verfügung. Interessant war, dass dies die gleichen Steckdosen und Stecker waren, welche die Sihltalbahn (welche über keine Achsgeneratoren verfügte) als Beleuchtungsleitung ab dem Triebfahrzeug benutzte. Beim Umbau der Wagen auf Ladegeräte ab Zugsammelschiene wurden solche Garnituren überflüssig und landeten bei der RHB.
Die ab 1875 betriebene – zusammen im gleichen Jahr mit der Arth-Rigi-, der Üetliberg- und der Appenzellbahn – eröffnet, wurde 1930 auf elektrischen Betrieb umgestellt, die zwei Triebwagen stammten also aus dieser Zeit. Die mit Riggenbach-Zahnstange ausgerüstete Strecke besitzt eine Steigung von Rorschach-Seebleiche bis Heiden (5,6 km) von 94 ‰. Ab Rorschach Hafen, wo die Bahn den Schiffsanschluss „abholt“, beträgt die Betriebslänge 7.42 km, welche teilweise auf SBB-Gleise gefahren werden. Dabei gibt es ein Problem: Die Zahnräder der RHB sinken tiefer ins Gleis, als die üblicherweise montierten Zugssicherungsmagnete Signum!
Versuche ergaben, dass das eigentlich nur für Wechselstrombahnen vorgesehene System durchaus tiefer gesetzt noch funktioniert. Bei Ablieferung neuer Fahrzeuge musste man jeweils ein spezielles Gleisstück mitgenommen werden, um über die auf normaler Höhe liegenden Magnete fahren zu können. Auch bei der Üetlibergbahn gab es da Probleme: die mit 1,2 kV-Gleichspannung betriebene Strecke nutzte die letzten Toleranz-Reserven des Systems.
Bleiben wir noch etwas bei diesem herrlichen Fahrzeug: Länge 9.5 m, Gewicht 42,8 t, Höchstgeschwindigkeit 25 km/h, Leistung 560 PS. Heute werden die Fahrzeuge nur noch im Nostalgiebetrieb eingesetzt.
Mit einem der drei speziellen Einheitswagen I sehen wir einen der beiden ABDeh 2/4 von 1953 und 1967 im Manöver in Heiden, diese Fahrzeuge besitzen eine Leistung von 740 PS und waren 500 kg leichter als die alten Triebwagen!
Jetzt machen wir einen grossen Sprung mitten in das Gebirge: Ziel Blausee-Mitholz! Nach Frutigen beginnt die eigentliche Bergstrecke der BLS, es folgt die Station Kandergrund, danach folgt die Wendeschlaufe (analog Wassen am Gotthard) mit der Station Blausee-Mitholz, dessen Stationsgebäude auf vielen Modellbahnanlagen zu finden ist. Vom Aussenperron aus, kann man sehr gut die Züge aufnehmen. Hier ein südwärtsfahrender internationaler Schnellzug. Dass der Bauer gleichzeitig seinen Ofen einfeuert, mag der Jahreszeit entsprechend verständlich sein, aber uns nimmt er mit seiner Rauchproduktion die gute Sicht auf den Zug!
Zum Glück verzieht sich der Rauch, so dass der talwärts nach Frutigen fahrende Schnellzug, ebenfalls von einer BLS-Re geführt, genauer betrachtet werden kann. FS-Wagen sind zugegen, hinter der Lok könnte ein Postwagen gereiht sein. Die BLS-Lok wird erst ab Brig den Zug übernommen haben. Üblicherweise wurden die Schnellzüge damals ab Domo mit SBB-Lok geführt. Der vordere Teil in Brig verblieb an der SBB-Lok, der hintere Teil wurde durch eine Ee 3/3 abgeholt und ins BLS-Abfahrgleis gebracht. Vielfach wurden beide Züge in Brig verstärkt, da man den Inlandreisenden nicht die teils der langen Fahrt wegen bereits schmutzigen Wagen zumuten wollte und zudem die Schweizer lieber in offenen, übersichtlicheren Coupés reisen möchten, als in engen Seitengangabteilen.
Dass es keinen „schönen“ Sonnentag werden würde, war bald klar und so reiste ich weiter nach Kandersteg. Der Autozugsverkehr durch den Lötschbergtunnel gehört dort zu den Alltäglichkeiten, wie das untere Bild beweist. Damals noch zumindest teilweise mit den De 4/5-Gepäcktriebwagen. Im Gegensatz zu den Ae und Re 4/4 vermochten diese Triebwaen nicht 16 Vierachser auf den 16 ‰ bis zum Tunnel hinauf zu schieben. Überhaupt: Das Schieben der Züge benötigte bis zum Tunnelportal Seite Kandersteg Fingerspitzengefühl, zumal ablenkende Weichen zu befahren waren. Habe manchmal bei der Pfadfinderhaltestelle vor dem Tunnel die verhältnismässig langsam sich hinaufmühenden Züge beobachtet, deren Lokführer angestrengt auf die Instrumente achteten. Zudem gibt es vor dem Tunnel noch eine fakultative Schutzstrecke, welche bei Grossverkehr notfalls die Speisungen trennen konnte. Nicht von ungefähr werden deshalb die Züge auf der banalisierten Strecke auch auf dem rechten Streckengleis losgeschickt.
Die Steuerwagen der BLS wurden mit der „Einheitsfront“ der Triebwagen 751 – 755 ausgerüstet, welche schon an den SiTB-Fahrzeugen vor dem eigenen Rollmaterial genutzt wurden.
Als Spenderwagen dienten die offenen Leichtstahlwagen (ähnlich den Seetalerwagen) ABi.
Nun aber weiter nach Westen, in die Stadt Calvin’s – Genf. Dort traf ich auf eine runde Re 4/4 der 2. Serie („Badwännli“) mit aufgestecktem TEE-Signet. Kann man sich noch erinnern an den „TEE-Rheingold“, was deutlich am zweiten Wagen zu erkennen ist. Genf ist eine UNO-Stadt, weshalb wohl diese Verbindung durchaus sinnvoll war. Nur allzugern hätte Wien – eine weitere UNO-Stadt – eine direkte Verbindung nach Genf gehabt, die SBB-Verantwortlichen winkten aber immer ab, obwohl dies ebenfalls Sinn gemacht hätte. Ein täglicher 4010 in Genf – da wäre auch ich am Auslöser gewesen . . .
Genf als Grenzbahnhof und früher auch als verkehrsreicher Endpunkt im Schweizerischen Bahnnetz hat schon seine Wichtigkeit. Da gab es viel zu manövrieren, umzustellen, anzuhängen usw. Da waren die Rangierlok in Form der Ee 3/3 wohl nicht weit. Nur – der Bahnhof ist seit der Elektrifizierung 1956 nicht nur mit 15 kV 16,7 Hz elektrifiziert, sondern auch mit der SNCF-Spannung von 1,5 kV Gleichspannung zu befahren. Das war zwar den Isolatoren an der Fahrleitung „egal“, nicht aber den Triebfahrzeugen. Es mussten somit auch Rangierloks her, welche beide Stromsysteme vertrugen. Dieselfahrzeue kamen damals nicht infrage, zu gross war die Abneigung der damaligen Verantwortlichen – im Gegensatz zu heute, wo man trotz elektrifizierter Strecke selbst am Ceneri mit Grossdieselloks Güterzüge mit grosser Lärm- und Gestanksentwicklung hemmungslos auf die Strecke schickt. Auf Dauer mussten also Fahrzeuge konstruiert werden, welche zumindest diese Gleichspannung beherrschten. Die in der gleichen Zeitspannung gelieferten Ee 3/3 II 16501 – 16506 waren reine Wechselstromfahrzeuge, welche man auch unter 25 kV 50 Hz einsetzen konnte. Man musste also eine Serie Loks beschaffen, welche möglichst alle Stromsysteme vertrug: Die Ee 3/3 IV 16551 – 16560. Diese wurden 1962 geliefert und vermochten alle an die Schweiz grenzenden Spannungen der Nachbarbahnen zu „geniessen“! Es waren somit die ersten Vierstromloks Europas! Und dies in der – fast möchte ich schreiben – „kleinstmöglichen“ Ausführung! In Einsatz kamen sie somit in Genf und Chiasso, wo unter Gleichspannung von 1500 V und 3000 V gefahren werden musste. Nach der Umelektrifizierun der Strecke Genf – La Plaine (-Bellegarde) auf 25 kV 50 Hz konnten die Loks in Genf weiterhin eingesetzt werden. Diese weit vorausschauende Entscheidung kommt nun heute einer nur von (finanziellen) Zahlen gesteuerten SBB-Führungsmannschaft zu Gute, ohne dass sie nur einen Finger bewegen mussten! Auf dem Bild kommuniziert der Rangiermeister mit dem alten, auf der Brust getragenen Funkgerät mit dem Lokführer und Stelltisch. Das Bild zeigt ein Manöver auf der „Lausanner Seite“ des Bahnhofs.
Während das Rangiermanöver auf dem Gleis 2 arbeitet, findet sich „hinten“ auf den mit Gleichspannung gespiesenen Gleisen der Strecke Genf – La Plaine einer dafür erbauten BDe 4/4 II-Pendelzüge abfahrbereit. Diese Züge sind von der Bauart her mit dem SiTB-BDe 4/4 91/Bt 51 verwandt. Allerdings waren die Fahrzeuge beim Personal nicht sonderlich beliebt: Als Gleichstromfahrzeuge waren es extreme Aussenseiter im SBB-Park. Nur sehr wenige SBB-Werkstatt- und Depotmitarbeiter konnten mit ihnen umgehen . . .
Infolge der verschiedenen Stromsysteme mussten ganze Gleisgruppen umschaltbar sein, was einen enormen Schaltungs- und Sicherungsaufwand bedeutet. Die beiden Spannungen mussten sicher getrennt werden, damit keine Überschläge möglich waren. Rechts hinter der CC der SNCF findet sich einer der Schaltposten. Interessant auch das Umschalten zu beobachten.
Auf dem Bild ist Meister „Gleichstrom“ vorherrschend, nebst der CC ist hinten eine BB der SNCF sowie einer der beiden Gleichspannungspendel Seite Lausanne zu erkennen.
Genf ist aber auch eine Reise wert, weil die Stadt auch ihre Reize hat. Mir besonders angetan hat es Carouge, mit deren pitoresken Ortsdurchfahrt, wo es auch gute Restaurants zu empfehlen gibt! 1972 waren natürlich die Hechtwagen noch vorherrschend, das Tram wurde lange Zeit zurückgedrängt und vernachlässigt. Zum Glück sieht dies heute ganz anders aus!
Diese Dreispur hat es in sich: Beide Stromsysteme finden sich in diesem Einschnitt. Der von Genf-Cornavin – so nennt sich der Hauptbahnhof – herkommende SNCF-Schnellzug mit der führenden CC fährt auf den beiden linken Gleise mit Gleichspannung Richtung Bellegarde. Das rechte Gleis ist das SBB-Wechselstromgleis nach dem Rangierbahnhof La Praille. Vom auf dem jetzt vom Schnellzug besetzten Gleis kann man aber auch mit dessen Spannung nach La Praille fahren, was vor allem von Lokfahrten genutzt wurde. Die Abzweigung – früher in offenem Einschnitt – befand sich im Rücken des Fotografen, siehe nächstes Bild!
St-Jean – so nannte sich die Verzweigung der Gleise von Cornavin her nach La Plaine und nach La Praille dem Güterbahnhof. Das hübsche Stellwerksgebäude wird wohl 1972 nicht mehr genutzt worden sein, denn der Bahnhof Cornavin steuerte die Anlage, Zwergsignale deuten auf moderne Sicherungsanlagen hin. Die offene Streckenführung im Einschnitt ist längst Vergangenheit, praktisch alles ist überdeckt und überbaut, wobei viel Grünfläche über den nunmehrigen Tunnels geschaffen wurde. Die frühere Betriebsabwicklung kann man mit der heutigen kaum vergleichen, weshalb sich auch für die Gleisnutzung Veränderungen ergaben.
Vielleicht wäre es angebracht, die Frage zu stellen: « Was gibt es heute noch davon?“
Ja 1972 gab es Vieles noch, was heute verschwunden ist, was die heutigen Jungen gar nicht mehr kennen, aber wovon die „alten Kader“ gerne noch heute schwärmen!
Der 6.Februar 1972 muss es in sich gehabt haben: Da stand eine Exkursion in die Region Basel statt! Schon am Bahnhofsplatz des Basler Bahnhofs wurden die Teilnehmer von der Birseckbahn BEB mit einem richtigen Tramzug abgeholt! Triebwagen 1, ein Be 2/3-Triebwagen mit Lenkuntergestell stand für uns bereit. Es sollte ein guter Tag werden . . .
Im Ruchfeld gab es diese schöne Begegnung, Der Be 2/3 1 mit drei Anhängewagen wird vom Kurstriebwagen Be 4/6 103 „überholt“. Anschliessend wurde rückwärts hinter die Weiche gedrückt, denn wir wollten ja auch auf die Gleise der BEB!
Unser Zug in seiner ganzen Pracht in Münchenstein, vor dem passenden Riegelbau. Die „Lichtbildner“ und die noch wenigen Filmer kamen auf die Rechnung!
Sichtwagenbetrieb – ein Wort, welches zu jener Zeit „berühmt – berüchtigt“ wurde. Billettautomaten sollten das als zu teuer erachtete Personal ersetzen. Dies bedingte je nach Betrieb automatische Einzeltürsteuerung mit Einklemmschutz (bei der VBZ = „Husi-Sicherung“) sowie natürlich Billettautomaten, welche ein genug grosses Sortiment an Fahrausweisen ausgeben konnnten. An den Fahrzeugen wurde der Sichtwagenbetrieb (teils zuerst nur Anhängewagen) mit einem stilisierten Auge signalisiert. Einen solchen, der BEB gehörenden Apparat, habe ich natürlich auch aufgenommen. Dabei sei festgestellt, dass fast jedes Unternehmen einerseits ein eigenes Fabrikat mit eigenen Wahlmöglichkeiten sowie andererseits auch die verschiedensten Grössen, Abmessungen, Formen und natürlich nur für den eigene internen Bereich aufstellten. Von Tarif- oder gar Verkehrsverbund war keine Rede!
Unser nächstes Bild:
Vor und hinter dem Depot der BEB, welches natürlich nach Schweizer Usanz zugleich als Werkstatt für Alles zu dienen hatte, standen Fahrzeuge, so der BVB-B 3 1302.
Aber nicht nur dies, sondern auch ganze Untergestelle und andere Utensilien fanden sich vor. In den Werk- und Depothallen war der verfügbare Platz meist mehr als nur beschränkt. Man musste sich jahrzehntelang nach der Decke strecken und so blieb häufig nichts anderes übrig, als auf dem verfügbaren Raum zu nutzen, was Möglich war.
Im Depot Arlesheim Seite Münchenstein präsentierten uns sich die im Dienst befindlichen Triebfahrzeuge, zur grossen Freude der Fotografen . . . .
Der Nachmittag des 6. Februar galt der Birsigtalbahn, wobei ein Besuch des Depot Oberwil auf dem Program stand. Vor allem aber wollte man noch einmal mit der BTB in Form der „alten“ Bahn fahren, bevor die Umstellung und Anschluss ans Tramnetz mit Tramfahrzeuge erfolgen würde . . .
Ein weiterer Bericht folgt bald . . .
Urs Nötzli
1972 – 125 Jahre Schweizer Bahnen, Dampflokifest Degersheim und Düwag 2. Serie Teil 2
Nachdem wir im ersten Teil des Jahres mit einem Bild der Birsigtalbahn beendet haben, kehren wir in die Stadt Basel zurück! Auch dort gibt es immer Interessantes zu sehen.
Im Depot Wiesenplatz hat die BVB – die Basler Verkehrsbetriebe – am 6. Februar 1972 unter anderem zwei Tramzüge vor's Depot gestellt. Die beiden unterschiedlichen Motorwagen 150 und 212 haben aber auch eine sichere Gemeinsamkeit: Das klassische Grün der Basler Verkehrsbetriebe. Für uns Zürcher war dies einfach so, aber jetzt frage ich mich: Warum sind die Fahrzeuge in Grün gehalten?
Das unten stehende Bild entstand in Samstagern, letzter SOB-Bahnhof in Richtung Biberbrugg – Einsiedeln und Arth-Goldau auf Kantonalzürcher Boden. So kam am 19. Februar der pendelzugsfähige De 4/4 22 mit seinem klassisch schönen Leichtstahl-AB-Zwischenwagen und dem älteren Steuerwagen Bt, ausgerüstet mit der Vielfachsteuerung II (mit zwei Kabel) von Wädenswil über Burghalden in der 50 ‰ -Steigung bei der Einfahrt, den "Berg hinauf". Wie manchmal bin ich hier vor der Barriere gestanden und habe das Schauspiel erlebt? Vielfach öffnete sich der Bahnübergang nicht, weil unter Umständen noch ein ausfahrender Zug nach Rapperswil (vordere Spur) diesen belegte. Es kam auch vor, dass parallel zwei Züge gemeinsam aus- oder einfuhren. Dies war in der perronlosen alten Stationsanlage natürlich problematisch, aber mit der richtigen Vorsicht des "Statiönlers" durchaus machbar, wenn ein Schnellzug zuvor einfahren oder kreuzen konnte, bis der in die hintern Gleise einfahrende "Wädenswiler" etwas verzögert eingelassen wurden und die Reisenden zurückgehalten wurden. Überhaupt: Damals "laatschte" man nicht unbesonnen und hirnlos über die Gleise! Durch den Bahnhof gab es sogar ein Wegrecht und man konnte selbst mit Landwirtschaftsfahrzeuge mitten durch die Gleisanlage fahren. Meines Wissens ist nie etwas passiert, wiewohl angenommen werden kann, dass es zu kritischen Situationen kam.
Zu jener Zeit gab es noch Gasthäuser, wo man sich verpflegen konnte oder nach der Arbeit ein Bier (oder mehr?) trinken konnte, die trockene Kehle forderte dies öfters . . . Das neben dem Triebwagen zu sehende Restaurant hatte damals noch offen – jetzt ist nichts mehr los!
Hart an der Grenze zum Schwyzerischem Schindellegi (rechts) zieht bei der Ausfahrt aus Samstagern ein Zürcher Krokodil, eine Be 6/8 II, ihren Sportzug mit Wintersportlern hinauf in Schnee und Sonne (in dieser Reihenfolge . .). Vom unten liegendem Zürichsee und der dahinter liegenden "Goldküste" ist am 19. 1.1972 in dieser Nebelsauce nur wenig zu sehen. Der Zug wird nach dem hinter dem Fotografen sich befindlichen Einschnitt und ungesicherten Bahnübergang in einen, "Theilersrank" genannte, Gegenkurve einfahren. Der Name stammt von der dortigen beidseits der Bahn tätigen Bauernfamilie.
Logischerweise ist unten in Wädenswil gleichentags der Nebel noch vorhanden. Der aus Pfäffikon SZ nach Zürich unter dem Reiterstellwerk durchfahrende Zug macht uns auf die damaligen Sicherungsanlagen aufmerksam. Die runde Scheibe ist das Ausfahrvorsignal in Richtung Burghalden für die SOB und Richterswil (SBB) für die Gleise 1 (links) und gelegentlich für den vor uns liegenden "Stumpen" (nach meiner Erinnerung damals Gleis 6, heute 9). Der Zug hat soeben das weisse Wiederholungssignal zum Ausfahrsignal hinter sich gebracht, das Semaphor Seite Au muss also freie Fahrt anzeigen. Da der Bahnhof in einem "S" liegt, ist die Sicht stark beeinträchtigt, was Wiederholungssignal nötigt macht. Diese Flügelsignale, in weiss gehalten und von innen beleuchtet besassen keine "Kelle". Der Fahrdienstleiter steuerte vom Reiterstellwerk aus die gesamte Anlage. So musste er auch bei den SOB-Glaskasten-Triebwagen vor dem Stellen der Ausfahrt darauf achten, dass vor allem Abends bei den Einmannzügen nebst der Spitzenbeleuchtung auch eine kleine weisse Lampe oben leuchtete, welche besagt, dass die Sicherheitsbremse eingeschaltet ist. Eines Abends bei Besuch meines Freundes war dies nicht der Fall und als über Lautsprecher darauf hingewiesen wurden, worauf der Lokführer ans daneben angeordnete Telefon ging und erläuterte, dass Zweimännig gefahren würde . . . ! Fall klar, aber vermutlich vorgängig nicht mitgeteilt!
Der viergleisige Bahnhof sollte infolge Perronverbreiterung sein viertes, seeseitiges Gleis verlieren, worauf sich das Personal sofort wehrte, weil so eine Überholmöglichkeit nicht mehr bestand. Noch heute warten in diesem Gleis regelmässig Güterzüge auf die Weiterfahrt. Trotz wirklich engen Verhältnissen und gleichzeitigen Halt aus beiden Fahrtrichtungen zum Umsteigen, funktioniert der Fahrgastwechsel am nicht normgerechten Zwischenperron . . .
In der Burgwies präsentiert sich der damals dort beheimatete Xe 2/2 1915 mit seinem Peckham-Untergestell und dem leiterwagenähnlichen Turmwagen mit isolierendem Holzaufbau im Wendegleis um das Depot. Das Personal, welches an der Fahrleitung tätig ist, arbeitet vielfach unter der eingeschalteten Spannung von 600 Volt, allerdings mit gut isolierenden Handschuhen. Trotzdem ist weiterhin äusserste Vorsicht geboten!
Am 12. März war eine Dampfextrafahrt publiziert worden. da gedachte ich ein paar wenige Fotos zu machen, allerdings die Gelegenheit nutzend, zusätzliche "Normalbetriebsaufnahmen" zu machen. Das Wetter war nicht Sonne – Schnee – SBB – pardon: Nichts von Allem, aber zumindest MThB – und dies noch mit Dampf! Also postierte ich mich mal auf der Passerelle hart an der Landesgrenze von Thurgau und Baden. Dort kam – eben im Normalbetrieb einer der noch grünen EAV-Pendelzüge auf der Fahrt zum Ziel Konstanz mir vor die Linse. Hinter dem Zug in alter Frische und Fülle noch die Abstellgleise des Bahnhofs Konstanz, zum grössten Teil auf Schweizer Boden gelegen. Für einen Zürcher war hier immer ein wichtiger Punkt: Was stand da alles für interessantes Rollmaterial abgestellt?
Später verzog ich mich auf "Badenser" Territorium, hin zu BW wo gerade die MThB-Eb 3/5 5810 manövrierte. Die Lok habe ich schon früher in Berg aufgenommen und bin mit dem Zug nach-gefahren. Ich denke, dass alles auf dem Bild Vergangenheit ist: Die Eb 3/5 ist nicht mehr bei der MThB und wurde dem Verein Dampfbahn Bern (VDBB) verkauft, die Wagen wohl auch aus-rangiert, das Gelände total überbaut und somit keine Spur mehr des ehemaligen BW Konstanz!
Grund ihrer Lokfahrt nach Konstanz war eine Vorspannleistung vor zwei DB-03er aus Ulm, deren Nummern mir nicht bekannt sind . . . Hier kurz vor dem Ziel in Weinfelden.
Einmal mehr durfte am 19. März eine SBB-Re 4/4 II den FS-TEE-Zug Lemano bis Domodossola abschleppen. Vermutlich wurde er erst zwischen Sion und Genf arbeitsunfähig, wäre es bereits zwischen Domo und Brig erfolgt, hätte man ihn bereits in Brig "aus dem Gefecht gezogen", so wie ich ihn mehrmals hinten im SBB-Depot gesehen habe.
Zu einer Fotosession wurden wir an das Zürcher Sihlquai beordert, dort konnte man in aller Ruhe den MFO-Traktor der damaligen VSK-, späteren COOP-Mühle, inspizieren und ausgiebig fotografieren. Zumal das Wetter nichts zu wünschen übrig liess, war dies eine gelungene Möglichkeit. In der Folge wurden das Fahrzeug sowie ein paar Fahrleitungsmasten museal erhalten. Da die Anlage nicht nur Drehscheiben besass, sondern auch Weichen mussten Luftweichen zum Einsatz kommen, was das Umstellen des Trolleystange in Grenzen hielt.
Der Antrieb, meines Wissens mit einem Trolleybusmotor, erfolgte mit einer Kette, welche durchaus den Boden berührte.
Der ABDeh 2/4 mit seinem Reisezugswagen ("B-Super" genannt) konnte ich gleich bei der Nussbaumbrücke unterhalb der Haltestelle Betten Talstation aufnehmen. Mir hat einfach die Häusergruppe im typischen Walliser-Stil immer gefallen, obwohl sie mal arg vernachlässigt wurde. Es mag zwar verständlich sein, dass dem so war, denn vielfach gab es Probleme nach Todesfällen mit dem Erbe, man denke da an die kleinen Felder, da natürlich jeder Erbe möglichst auch gutes, fruchtbares Land sich wünschte. Genau so kann es sich mit Ställen und selbst Wohngebäuden verhalten. Im Wallis war immer das Stockwerkeigentum Usanz, welches kantonal sogar gefördert wird!
Gleichentags gelang mir von der Strasse der "Deischer Kehre" aus, den mit einem Personenzug nach Oberwald (Bergstrecke noch gesperrt!) auf dem "Grengiolserviadukt" fahrenden FO-Zug mit der Diesellok aufzunehmen. Der zweite Wagen hinter der Lok ist ein "Kleiner ABt-Steuerwagen", vorgesehen für die (A)BDeh 2/4-Triebwagen, erkennbar an der talseitig montierten Spitzenleuchte. Die "Deischer Kehre" ist vor allem Nachts eine ganz gefährliche Strasse, da sich dort vielfach Hirsche aufhalten, welche man sehr schlecht sieht. Warum man denen keine Warnwesten verteilt? 😉
Wie sich herausstellte, war die HGm 4/4 61 in diesem Winter in Brig stationiert, weshalb die 62 in Andermatt zu suchen wäre. Hier gleich nach dem Deischer-Kehrtunnel von der Strasse aus aufgenommen mit dem gleichen Zug. Deutlich sieht man hier auch eines der HGm-Probleme: Die Abgase des vorderen Dieselmotors werden nach oben ausgestossen und vom hintern in Tunnels seitlich gleich wieder eingesogen. Dadurch fällt die Leistung ab!
Mir immer angetan haben es die wuchtigen und formschönen Ae 6/8 der BLS, hier mit einem Schnellzug abfahrbereit in Brig. Diese aus dem Umbau heraus entstanden Version war meine Favoritin: Nur mehr mit einem Stromabnehmer, aber den ergänzten Dachwiderständen, fand ich den "Gipfel" der sinnvollen Modernisierung dieses Loktyps. Hinter der Lok einer der Schlieren-RIC-B-Wagen der BLS.
In Rikon im Tösstal, Schweizer Heimat für viele geflüchteten Tibeter und Produktionsort der weltweit bekannten Pfannenfabrik Kuhn konnte ich eines Abends die Be 4/6-Lok 12333 mit ihrem Stückgut-Güterzug beim Rangieren in der Station aufnehmen.
Herrlich Stadtdurchfahrt der dem regionalen Kraftwerk gehörenden Trogenerbahn beim Spisertor in St.Gallen.
Am Morgen des 2. Mai 1972 bin ab Zürich im Führerstand nach St.Gallen gefahren, wobei in Winterthur der Lokführer meinte, dass ich nun leider nach hinten müsste, da ein OLF mit einem Fahrdienstanwärter einsteige. Klar, da bleib wohl nichts anders übrig und so blieb ich einfach hinter der Scheibe mit auf dem Apparateschrank abgestützten Armen stehen. Doch schon nach dem ersten Halt machte der OLF die Türe auf und meinte, dass ich trotzdem neben ihm sitzen solle, es hätte ja Platz! Dankbar und auch um ein paar Lokführer-Tricks belehrt, konnte ich dann die Strecke geniessen. Der Schnellzug mit dem RBe 4/4 fuhr ab St.Gallen dann durch das Rheintal nach Chur weiter, damals eine übliche Tour.
Man beachte das Semaphor . . .
Unterhalb der Station Mörschwil kommt uns einer der "Münchner-Schnellzüge" entgegen. Die Bezeichnung im Volksmund stimmt natürlich nicht ganz, es gab immer auch Züge über Nürnberg (-Prag). Die mit Kettenstromabnehmer (hier der vordere Stromabnehmer) ausgerüsteten Re 4/4 II 11196 – 11201 wurden immer "Lindauer-Lok" genannt. Hinter einer dieser Loks sind zwei "Blumenwagen" gereiht. Dabei kamen Güterwagen aller drei Verwaltungen zum Einsatz, diese mussten aber mit der Bezeichnung "ss" für Vmax 120 km/h zugelassen sein, zudem über eine elektrische Heizleitung (Index q) verfügen (Bezeichnung somit z. B. Gqss!)
Leider ist es dunstiges Wetter und der Bodensee nicht sichtbar. Als ich letztes Mal hier die Dampf-Säntis-Rundfahrt der drei SBB-Dampfloks aufnehmen wollte, erschrak ich: Da stand ein Wald von Fahrleitungsmasten – ein Fahrleitungsumbau stand an! Ich musste mich notgedrungen auf den oberen Teil des Bahnhofs zurückziehen, wo ich dann nicht ganz inkognito, aber doch allein, die herrliche Vorbeifahrt des Zuges aufnehmen konnte.
Viel Spass wünscht
Urs Nötzli
1972 – 125 Jahre Schweizer Bahnen, Dampflokifest Degersheim und Düwag 2. Serie Teil 3
Beginnen wir heute in Zürich-Wiedikon, dem Bahnhof mit ganz eignem Flair! Verständlich, dass im Film "Schindler's List" hier Szenen z. B. im Wartsaalbereich gedreht wurden. Es war ein regnerischer Morgen, der 4. Mai, als der Südostbahn-ABe 4/4 71 "Einsiedeln" beim Umfahren des legendären "Gipfeliexpress" über Gleis 2 ins "Engemertunnel" hinter den Gleiswechsel fahren musste, um dann durch das Verbindungstunnel zum SiTB-Tunnel auf Gleis 3 wechselte. Auch im beige-grünen Gewand sah der Triebwagen recht gut aus, später wurde das 1.Klassabteil zu einem Gepäckabteil umgebaut, weil sonst immer einer der alten Holzkasten-BD im Pendelzug gereiht werden musste . . . Oben ist das VBZ-Depot zu sehen.
Kurz vor meinem Eintritt bei der Sihltalbahn konnte ich einen direkten Wagendurchlauf Lugano – Üetliberg aufnehmen. Der damalige SiTB/BZUe-Direktor Werner Stricker hatte einen guten Draht zum Werbechef Dermont der SBB und so inszenierten die beiden diese Pressefahrt. Der Gotthardschnellzug "durfte" deswegen in Sihlbrugg anhalten und der EW I-B wurde abgehängt und von der SiTB-Dampflok E 3/3 5 Schnaaggi-Schaaggi (zu deutsch:" Langsamer Jakob") abgeholt und auf die Abfahrtsgleise der Sihltalbahn gebracht. In Zürich-Giesshübel angekommen, musste der Wagen auf das Streckengleis der Üetlibergbahn gestellt werden. Dort fuhren dann die beiden BDe 4/4 13 und 14 mit dem Niederbord-Kupplungswagen an und beförderten den Wagen mitsamt den Tessiner Journalisten auf den Berg.
Die SiTB-Dampfloks besassen seit dem ersten Weltkrieg zentrale Karbidbeleuchtung, um Petrol zu sparen!
Auf dem untern Bild ist das Anfahren der beiden BZUe-Triebwagen zu sehen, Ein Werkstattleiter, "Cognac" genannt, "zupft" gerade die Druckluftbremse aus (entlüftet sie . .)
Im Übrigen kann der Schreibende versichern, dass man mit dem Triebwagen 13 nicht mehr Probleme hatte, als dessen Nummernachfolger . . . ;-)
Tags darauf wollte der Fotograf, nachdem er am Vortag seitlich montierte Stromabnehmer ablichtete, eine weitere Stromabnehmerspezialität aufnehmen: Das Wechseln der mit verschiedenen Wippenbreite ausgerüsteten Re 4/4 I 10036 in St. Margrethen. Der SBB-Lokführer hat nach dem Anhalten sofort die Führerstandstüre geöffnet und die Handläufe mit dem speziellen Lappen gereinigt und ist dann in den Maschinenraum geeilt, um dort an der Tuba-Tafel den Stromabnehmerschalter von 1 über die Stellung 1+2 auf 2 (ÖBB-Wippe über Führerstand 2) stellte zu verbringen. So musste der Hauptschalter nicht ausgeschaltet werden!
Indessen klettert der ÖBB-Lokführer in den Führerstand. Kurz darauf senkt sich der "SBB-Stromabnehmer" mit einem leichten Luftknall des Bügelsenkventils.
Wir befinden uns in der Übergangszeit, als die rot-beigen TEE-Re 4/4 I 10033 und 10034 noch nicht bereit waren. In der Zwischenzeit übernahmen die früher bereits so eingesetzten 10036 und 10037 nochmals die Lindauer Dienste des Depot Zürich. Im Wagenzug des "Bavaria" der einzige SBB-TEE-Wagen, einer der 26-Meter-WRm aus Donawörth.
Als Regionalzug stand kurz darauf der vierteilige 4030.11 bereit für die Fahrt nach Bregenz – Lindau bereit. Aus diesen Triebzügen wurde der frühere Transalpin Reihe 4130 weiterentwickelt.
Lindau – ein deutscher Kopfbahnhof auf der Insel – wird auch von den ÖBB angefahren. Da diese aber elektrisch unterwegs ist, musste natürlich vom Grenzbahnhof Lochau-Hörbranz über den Bahnhof Lindau Reutin nach dem Hauptbahnhof die Fahrleitung gezogen werden. Dies lies dann schlussendlich auch den Durchlauf der SBB-Lok über österreichisches Gebiet zu. Man ersparte so einen Lokwechsel in St. Margrethen. Hier traf ich auf die 1670.27 der ÖBB, eine Lok mit im Maschinenraum stehenden Motoren – eine Rarität im Triebfahrzeugbau – im Modelleisenbahnbau schon eher üblich. Dahinter steht abgestellt die mit dem Bavaria hergefahrene Re 4/4 I. Je nach Tageszeit und Fahrplanperiode gesellte sich auch noch bis zur Ankunft ihres Zuges eine Re 4/4 II dazu.
Die V 200 in der Form der 221 103-5 bei der Einfahrt in den nicht mit Fahrdraht überspannten Teil des Bahnhofs Lindau. Vier Gleise sind überspannt – was durchaus reicht, wobei es durchaus vor kommen kann, dass alle Gleise (kurzzeitig) besetzt sind.
Die wartende 1110 der ÖBB muss wohl dem Münchnerzug den Vortritt lassen! Die 11196 wird ab St.Margrethen natürlich von einem ÖBB-Lokführer gefahren. Heute müssen, genau so wie in Singen Htw. früher auch üblich, diese am Abend eine Doppeltraktion zusammenstellen. Dabei ist darauf zu achten, dass die direkte Bremse, auch Rangierbremse genannt, beim Abrüsten der Lok jeweils gelöst ist, gehalten wird die Lok mittels der automatischen Bremse. Wird die Luft der Rangierbremse zwischen Bremszylinder und RV/BV-Hahn "eingeklemmt", ist ein Lösen nicht mehr möglich, was dem Lokführer zum Lösen dann zusätzliche Umtriebe verschafft! Aber: dies kommt regelmässig vor, dem Schreibenden ist das auch schon passiert . . . ;-(
Die Re 4/4 II 11196 holt hier im Gleis 3 ihre wohl leeren "Blumenwagen" von einem andern eingefahrenen Zug ab und fährt zum Aufstellungsort auf dem Damm. Nachdem die 210er (eine der mit Gasturbine ausgestattete Lok) mit dem aus Norden kommenden Zug in Gleis 4 eingefahren ist, kommt die 11196 mit ihren zwei Güterwagen an den Zug.
Auf der Rückfahrt in Bregenz gelang mir noch ein Foto eines Holzkastenwagens und der 1180.06.
In St.Margrethen fand sich am gleichen Abend des 5. Mai 1972 doch noch eine TEE-Re 4/4 I, der 10046, eigentlich einer Lok für den TEE.Rheingold. Dass diese "Westschweizerlok" soweit in den "rauen" Osten kommen, verwundert tatsächlich. Aber der Beweis wurde erbracht . .
Vor dem Bahnhof Nyon wartet ein Zug der NStCM-Bahn (Nyon – St. Cergue – Morez). Damals noch mit echt altem Rollmaterial, Einer der alten Triebwagen wird von einer Gruppe wieder fahrfähig aufgearbeitet, wobei die neue, niedrigere Norm-Spannung zum Tragen kommt. Hier finden sich heute keine Züge mehr: Ab dem Depot La Plantaz wurde die Strecke umgelegt und verschwindet hinter dem SBB-Bahnhof in den Untergrund. Gedeckt lassen sich dort auch Fahrzeuge abstellen. Dies nützt der Bahn, denn die Anlage in La Plantaz sind total veraltet und müssen dringend ersetzt werden. Das Problem ist nur, dass für neu benötigtes Bauland Realersatz in der Region gestellt werden muss – was im dicht überbauten Land zunehmend schwieriger wird.
Das unten gezeigte Bild zeigt eine Fotoaufstellung vor dem Depot am 5. Mai 1972 . . .
Die über 26 km lange Strecke überwindet einen Höhenunterschied von 835 m mit bis zu 55 ‰ Steigung und schwingt sich in mehreren Bogen bis nach dem Kulminationspunkt bei La Givrin und senkt sich zur Grenze in La Cure wieder. Die Bahn führte früher nach dem Bahnhof der SNCF in Morez, die Strecke wurde nach Krieg aber eingestellt. Zur Zeit möchte man die Bahn wieder etwas auf französischem Territorium verlängern. Das Bild oben zeigt die talseitige Tunnelausfahrt zwischen Arzier und Bassins.
Unterhalb Givrins befindet sich das 110 m lange Colline-Viadukt auf der Strecke nach Trélex.
Entschuldigung: Dieses Bild und das Viadukt vor L'Asse sind falsch beschriftet!
Bereits auf der Talfahrt nach La Cure befindet sich der Zug unterhalb La Givrine.
Kurz vor der Station L'Asse überquert der Zug bei der Talfahrt ein kurzes Viadukt.
1972 – 125 Jahre Schweizer Bahnen, Dampflokifest Degersheim und Düwag 2. Serie Teil 4
Aus der französisch sprechenden Schweiz fahren wir nun an die Sprachgrenze im Kanton Bern – nach Ins (franz. Anet) an der heutigen BLS-Strecke Bern - Neuchâtel (frühere Bern – Neuenburg-Bahn BN). Hier zweigt die Strecke nach Murten / Morat und weiter nach Fribourg / Freiburg der Transport public fribourgois, früher GFM (Gruyère – Fribourg – Morat- Bahn), mit der bis nach dem Krieg mit dritter Schiene elektrifizierten FMA (Fribourg – Morat – Anet) ab.
Hier zeigt sich wieder einmal die Schweizerische Sprachenvielfalt: Die Namen der Ortschaften, welche die Bahnen durchfahren und woher sie ihren Bahnnamen wählten, werden teils in Französisch, teils in Deutsch übernommen. Nicht alle diese Namen sind zweisprachig angeschrieben. Bei einer klar "einsprachigen" Gemeinde wird der Namen somit der dortigen Sprache eingesetzt. Mehrsprachige Gemeinden aber beide! Ins ist demzufolge eine klar deutschsprachige Gemeinde. Und so treffen wir hinter dem Bahnhof die Biel - Täufelen – Ins-Bahn heute ein Teil der ASm (Aare – Seeland – mobil). Der Güterschuppen musste noch bedient werden, was das Gleis links vorn zeigt. Der Triebwagen BDe 4/4 6 steht auf dem Streckengleis. Im Bild hinten sind neben dem BN-Bahnhof noch Umfahrgleise sowie eine Umlademöglichkeit Normal-Schmalspur vorhanden.
Die BTI galt lange Zeit als das inoffizielle "Schweizerische Eisenbahnmuseum", weil dort jahrzehntelang Rollmaterial aus der ganzen Schweiz auftauchte. Remedur schaffte man in Abschnitten, weil zumindest für den Reiseverkehr ursprünglich der SZB gehörende Pendelzüge als erste Modernisierungsetappe zum Einsatz kamen. Richtig saniert wurde mit den ersten Schmalspur-GTW! Auch hier gilt wieder: Biel/Bienne – Zweisprachig!
Täufelen ist das Nervenzentrum der BTI, hier befinden sich das Depot mit Werkstätte sowie die technischen Dienste. Triebwagen 10 ist im Rollschemelbetrieb tätig.
Geradezu hektische Verhältnisse herrschten am 9. Mai 1972, weil nebst dem normalen Verkehr noch eine Exkursion zur Bahn die Mitarbeiter auf Trab hielt!
Die hier in Rapperswil am 13. Mai wartenden Fahrgäste konnten sich an einem frisch aus der Revision und Malerei gekommenen Südostbahn-Leichtstahlwagen erfreuen. Dies tat ich auch – und: tun es heute noch! Der Wagen existiert noch und gehört dem Verein Historischer Triebwagen 5. Die Gummiwulste hat er damals total neu erhalten! Und: er ist nicht genau identisch mit denen der benachbarten Bodensee – Toggenburg – Bahn.
Die Komposition nimmt Aufstellung, hinter dem Triebwagen ein BT-EW I. Die Mitglieder des Schweiz. Eisenbahn-Amateur-Klubs Zürich (SEAK) werden dort zusteigen um eine Besichtigungsfahrt auf der SOB zu absolvieren. Einige Jahre später stand der Triebwagen ABe 4/4 4 ausgeräumt längere Zeit hinter meinem Arbeitsplatz in der Werkstätte Giesshübel, wo er für Umbauofferten auf „neutralem“ Gelände von Unternehmungen begutachtet wurde.
In Sattel-Aegeri fährt soeben der SOB-Hochleistungspendelzug mit dem alten Steuerwagen aus Rothenthurm kommend ein. Dieser Steuerwagen, ursprünglich mit der Vielfachsteuerung II versehen, wurde bei der Inbetriebsetzung des Hochleistungstriebwagen BDe 4/4 81 auf die Vielfachsteuerung III umgerüstet und angepasst. Später – als genügend modernere Steuerwagen ABt zur Verfügung standen – wurden die beiden ursprünglichen Ct 4ü für die umzubauenden ABe 4/4 wieder angepasst und mit einer speziellen Vielfachsteuerung, welche nur einseitig mit den genannten alten Triebwagen verbindet ausgerüstet, in Dienst genommen. Die Station Sattel wurde damals noch mit Wagenladungen und Stückgut beliefert . . .
Da gab es in Einsiedeln, dem bekannten Wallfahrtsort, noch keinen Pilgerperron, Das Depot steht noch, ein Krokodil wurde erst später hier eingestellt, aber ein interessanter Rollmaterialpark war hier immer aufzufinden. Hinter dem ausfahrenden ABe 4/4 6 ist ein Extrazug mit der Re 4/4 I 10009, die ehemalig blaue Re 4/4 409, ebenfalls abfahrbereit. Diese Re 4/4 durften infolge der elektrischen Bremse auf der Südostbahn mit ihren 50 ‰-Rampen eingesetzt werden. Die „runden Badwännli“ 10027 – 10050 waren hier nicht zugelassen!
Da die Südostbahn keine eigene Waschanlage besass, aber die grün-beigen Fahrzeuge doch ab und zu eine Reinigung nötig hatten, wurden jeweils an Samstagen einer der vierteiligen Pendelzüge (oder auch dreiteilige und ein Zusatzwagen) jeweils via Zürich-Wiedikon und die "Geisterbahn" genannten SiTB-Strecke Wiedikon – Giesshübel in Fahrt gesetzt. Im sog. Stadtgleis (weil es der Stadt Zürich gehört), wartet schon der zum Waschen benötigte SiTB-Diesel in Form der Em 2/2 Mutz. Man beachte die naheliegenden Ein- und Ausfahrsignale in den beengten Verhältnissen des Bahnhofs Giesshübel. Hinter der Em 2/2 finden wir noch Lehmwagen, welche von Schinznach-Dorf (Grube Bözenegg) von der dortigen, noch existierenden Feldbahn umgeladen und meist mit Ae 3/6 I nach Zürich-Giesshübel gebracht wurden. Von den SiTB-Dampf- und späteren Dieselloks wurden sie dann im Bereich Borrweg auf der Uetlibergbahnstrecke nach der bei der Bushaltestelle Höfliweg liegenden Zürcher Ziegeleien gebracht. Die Lehmwagen wurden jeweils nach dem Stadtgleis abgestossen und von Hand gebremst, wobei es vorkam, dass der zweite Bremser den Aufstieg beim Ablaufenlassen nicht schaffte und die eine Handbremse nicht reichte . . . Nicht überliefert ist, was mit dem aufgehäuften Lehm geschah. Ob dieser der daneben fliessenden Sihl übergeben wurde?
In Zürich-Giesshübel zieht die Diesellok „Mutz“ den Triebwagen 82 der SOB mit einem B aus der SiTB-Waschanlage, derweil an diesem Samstag der noch mit Direktkontroller ausgerüstete BDe 4/4 11 auf Arbeit lauerte . . Das Personal der SOB wurde in der Bedienung der Waschanlage instruiert, einzig der Depotmanöverist der SITB/SZU übernahm die Diesellok.
Vielfach benutzten SiTB/SZU-Mitarbeiter nach dem Waschen den Leermaterialzug, um so direkt auf die SOB-Strecke zu gelangen.
Die SiTB erhielt in Zürich Selnau recht früh Faltblattanzeigen, welche ihren Dienst recht gewissenhaft ausübten. Allerdings mussten nicht so viele Faltblätter wie in Zürich HB genutzt werden . . .
Bei der Abfahrt eines Dampfextrazuges ertönte jeweils ein speziell komponiertes „Schnaaggi-Schaaggi-Dampfzügli-Lied“ aus den Bahnhofslautsprechern. Ursprünglich konnte man den Zug mit verbilligten Spezial-Billette genutzt werden, was nicht gerade sinnvoll war, weil so Fahräste der normalen Züge dieses Angebot nutzten . . .
Der „langsame Hans“, im Zürcher Dialekt „Schnaaggi-Schaaggi“ genannt steht abfahrbereit am gedeckten Perron des Bahnhofs Selnau der SiTB/BZUe.
In Göschenen fand am 24. Juni 1972 der Fotograf die Draisine X 4962 der FO vor. Nach Abfahrt unseres Zuges in Richtung Andermatt, folgte sie uns in gebührenden Abstand. Dies war nur möglich, weil noch keine Blockanlagen vorhanden waren und das „Ding“ keine Zugsicherung besass.
Für die Uetlibergbahn war dies ein „Riesengüterzug“ . . . Einer der beiden BDe 4/4 aus den 60er-Jahren holte den planmässigen Güterwagen sowie einen Kupplungswagen mit dem SiTB-„Spiieswägeli“, welches als Buffetersatz auf dem Uetliberg stand wieder ins Tal. Hier bei Ringlikon.
Der nächste Zug brachte den SBB-Buffetwagen, welcher im gleichen Einsatz war mit dem Niederbord-Kupplungswagen zu Tal!
Vom bergseitigen Führerstand des Triebwagens ergab sich folgendes Bild: Die SBB Aufgleismannschaft des Depot G hockte auf dem Niederbordwagen und jasste! Dies war bei solchen Einsätzen auf der Fahrt immer üblich! Allerdings im Normalfalle jeweils in der „Hebamme“ – dem Hilfswagen . .
Schöne Fotomotive auf der RhB gibt es viele, so auch im Cavadürli, wo die 408 sich bei der Ausfahrt in die Kurve neigte.
FO-HGe 4/4 37 befährt soeben den Bahnübergang beim Kraftwerk Mörel in Richtung Brig. Hier passierte der Unfall, des rückwärtsfahrenden Kuriertransporters. Der Übergang ist klar bezeichnet und unter dem Fotografen ist ein Spiegel an einem Fahrleitungsmast montiert, welche die Sicht nach oben erlaubt. Einer meinen Neffen war im dabei entgleisten Zug, hatte aber Glück: Einzig dessen Klapprechner war defekt.
Die Montafonerbahn wie sie leibt und lebt, Ziel vieler Einsenbahnfreunde aus ganz Europa. Hier stellt sich ein ehemaliger DR-Dieseltriebwagen (VT 63.905 oder 907) nach dem Umbau zu einem elektrischen Zweisystem-Triebwagen, welcher in der eigenen Werkstätte aufgebaut wurde, dem Fotografen. Dessen Steuerwagen erstand aus einem der ausrangierten MThB-Dieseltriebwagen. Zwei dieser Triebfahrzeuge waren im Dienst.
Aus dem Bad Eiselener Gleichstrom-Triebwagen entstand ein weiteres Fahrzeug, welches umschaltbar von Gleich- auf Wechselstrom war.
Da das Jahr 1972 noch nicht zu Ende ging, folgt eine weitere Bildserie . .
1972 – 125 Jahre Schweizer Bahnen, Dampflokifest Degersheim und Düwag 2. Serie Teil 5
Nachdem wir in Sattel-Aegeri in den Zug Richtung St.Gallen eingestiegen sind, treffen wir an diesem Bahnhof auf die Trogenerbahn. Der Extrazug, von Hans Waldburger bestellt, erfreute die angereisten Fotografen sehr! Im Hintergrund Fahrzeuge der SGA. Hier gab es eine kaum genutzte Gleisverbindung der doch technisch sehr unterschiedlichen Bahnen. Zum jetzigen, fragwürdigen, unter der Aegide der „Appenzeller Bahnen“, durchgeführten Zusammenführens in einer sog. Durchmesserlinie (Vorbild Zürich!), mit auf das Tramprofil zurückgebaute ehemalige SGA will ich mich hier nicht äussern . . . ;-(
Leider machte anfänglich „Herr Petrus“ - oben in den Wolken verhüllt – nicht so recht mit, es regnete. Hätte er doch nur den Wolkenvorhang etwas zur Seite geschoben und den tollen Zug gesehen, hätte er wohl gejauchzt und der Sonne freie Bahn zugesichert . . .!
Also blieb uns nicht anders übrig, als den Zug in der Haltestelle „Schwarzen Bären“ unter dem Regenschirm auf der Kreuzung mit einem Gegenzug aufzunehmen. Dieser führte einen „Lausanner“ als Personenwagen mit, welcher von der TL-Strecke Lausanne – Moudon stammt, mit sich. Auch der K-Wagen (mit Milchkannen beladen?) passt schön ins Bild . . .
Obwohl bergwärts nach Trogen fahrend, neigt sich nach einer Serpentinenfahrt entlang der Hauptstrasse das Trasse nach dem Ort „Speicher“, dessen Kirche auf einer Anhöhe wir hier im Hintergrund sehen. Allerdings ist der Hang vor der Kirche heute deutlich mit Wohnhäusern besetzt.
In Speicher befindet sich das Depot der TB. Uns wurde hier eine Triebfahrzeugausstellung geboten, welche selten ist. Die beiden Triebwagen rechts sind, wenn man genau hinsieht, nicht der genau gleichen Bauart! Jener ganz aussen wurde von der TL übernommen. Einer der beiden alten Triebwagen (Nr. 1) wurde später in Zürich als Fahrzeug der Wetzikon – Meilen – Bahn umgespritzt und als deren Fahrzeug beschriftet. Tatsächlich waren es bis auf kleine Unterschiede im Wagenkasten fast gleiche Fahrzeuge, einer steht heute in Grüningen im Kanton Zürich neben der Busgarage der VZO.
Mit diesem Güterzug gings dann auf die Strecke!
Nach der Rückfahrt über St.Gallen gings nach Rorschach, wo wir am Bergbahnhof Bilder machen konnten. So wurde der hier haltende Beh 4/4 mit unserem historischen Zug zusammen abgelichtet. Wie deutlich zu sehen ist, existiert ein kurzes Perron für die Fahrgäste. Heute befindet sich eine Haltestelle „Seebleiche“ etwas näher an den Wohnsiedlungen etwas oberhalb des früheren Gleisanschlusses der Starrag. Der moderne Einheitswagen I gehörte tatsächlich der RHB, der Rorschach – Heiden – Bergbahn. Er stammt einer Versuchsserie der SBB von 3 EW I in Aluminiumkasten-Bauweise mit nur 19 Tonnen Gewicht. Zwei davon übernahm die RHB, einer die GFM.
Es war nicht an Weihnachten – wie die Gemeinde Wienacht sich nennt, aber dort gibt es einen „Wienachtsmäärt“. Genau dieses Bild kann man dann dort erleben: Da im Halbstundentakt gefahren wird, ist dies die einzige Möglichkeit auf der kaum 6 km langen normalspurigen Zahnrad-strecke mit bis zu 94 ‰ steilen Rorschach – Heiden – Bergbahn zu kreuzen. Dazu muss der bergwärtsfahrende Zug in ein zum Teil zahnstangenloses Stumpfgleis einfahren. Dies betrifft auch die historischen Züge auf dieser Strecke. Somit kann man zwei Züge aufnehmen, was sonst nicht zutrifft. Der dortige Weihnachtsmarkt ist die beste Möglichkeit dazu! Hier aber war es unser Fotozug!
Damals alle vier Triebfahrzeuge nebeneinander aufzunehmen ist nur hier in Heiden möglich.
Übrigens ein schöner Ort: Oben hinter der Kirche auf einer Anhöhe hat man eine herrliche Sicht auf das „schwäbische Meer“, dessen Zuflusswasser vorwiegend aus der Schweiz, Lichtenstein und Österreich „herangefugt“ wird. Den See nennen die Anwohner Bodensee.
Interessant sind die beiden alten Gepäcktriebwagen, welche eher Loks ähneln. Diese besitzen nur einen Führerstand talseits, bergwärts wurde mit Klingelzeichen über eine zweipolige Leitung geschoben. Letztere entspricht jener Beleuchtungsleitung, welche bei der SiTB im Einsatz war.
Notfalls hatte der an der Spitze stehende Zugbegleiter einen Notbremshahnen zur Verfügung. Heute wird mit Funk gefahren, der Beh 3/6-Triebwagen mit einem „Bauchladen“ ferngesteuert.
Eigentlich stimmt die Bezeichnung der alten beiden Triebwagen DZeh 2/4 nicht! Es sind reine Zahnradtriebfahrzeuge, können aber mit nur einem angetriebenen Rad (nicht Achse!) die Adhäsionsstrecke befahren! Eine UIC-konforme Bezeichnung dazu gibt es gar nicht . . .!
Vorgängig des im Titel genannten Jubiläums und des Dampflokifest in Degersheim musste die nur mit 35 km/h fahrende E 3/3 5 der Sihltalbahn rechtzeitig „aus den Federn“ und dorthin fahren. In Pfäffikon SZ überholt ein viel schnellerer Hochleistungstriebwagen der BT von Arth-Goldau herkommend die SiTB-Überfuhr.
Geführt wurde die langsame Komposition durch den BDe 4/4 96 mit dem Wappen der Stadt Zürich (entgegen verschiedener Falschaussagen im Internet – nachzusehen in einem Artikel im Eisenbahn-Amateur diesen Herbst (EA 09/2017), geführt durch einen Heimweh-Appenzeller mit Walliser Namen, dessen beide Brüder ebenfalls Lokführer bei der AB und SBB waren. Durch den mit 21 ‰ steigenden Rickentunnel drückte die E 3/3 mit Volldampf den Zug nach Wattwil hoch, so dass der Triebwagen kaum grosse Zugkraft abgeben musste. Der Tunnel sollte wieder einmal richtig „durchgerusst“ werden, da seit Jahren ein Dampfverbot galt . . ! Das Ganze war zwar nicht die Idee des Verbotes, zeigte aber auch, dass es anders auch gehen würde. Heute ist dieses Verbot relativiert worden.
Pflichtbewusst geht der SiTB-Lokführer A. M. die Gleitlager der alten SiTB-Wagen des „Schnaagi-Schaagi-Bummelzügli“ kontrollieren. Dies – man staune heute: Ohne jegliche Warnausrüstung konnte man über 100 Jahre dies tun! Zeit auch zu einem Schwatz mit den beiden Kollegen auf der Dampflok. Derweilen sich die Fotografen mitsamt dem SBB-Piloten hinter den Zug sich in Stellung brachten . . .
Schon auf der Fahrt konstantierte der SBB-Pilot und Diensteinteiler des Depots Zürich, Daniel Heer, dass eine uns begegnete Re 4/4 I im richtigen Turnus fahren würde. In Degersheim sollten wir diese kreuzen und somit als Spezialität fotografieren können, was auch Daniel, Hans und Urs taten!
Hinter der TEE-Re 4/4 I mit deutsch-österreichischer Wippe am vorderen Stromabnehmer ist einer der BT-Umbauwagen, dessen Wagenkasten von der FFA stammte und deren Fertigstellung die Werkstätte Herisau der BT übernahm, gereiht. Im Gegensatz zur steileren SOB durften bei der BT die Re 4/4 I, De 4/4 und Ae 3/6 I sowie weitere Fahrzeuge auch ohne elektrische Bremse verkehren.
Am darauf folgenden Samstag und Sonntag fand dann das grosse Fest in Degersheim statt, welches verschiedene schweizer, deutsche und österreichische Dampfloks vereinigte. Der Publikumsauflauf war gewaltig, wehalb auch alle andern auf der BT geführten Züge verstärkt werden mussten. Höhepunkt war dieser Dampfzug, angeführt von unserer kleinen E 3/3 5, einer NOB-Lokvariante. Leider war das Wetter am Morgen noch etwas dunstig, danach aber drückte die Sonne durch. Hier der Zug auf dem Weissenbachviadukt zwischen Schachen BT und Degersheim. Teilgenommen haben die SiTB-E 3/3 5, die MThB-Eb 3/5 5810, die BT-Eb 3/5 9, die ÖBB-77.09, die SBB A 3/5 und die DB 023 040-9.
Die 77.09 der ÖBB wurde bei den Rangiermanöver umlagert . . !
Doppeltraktions-Abfahrt mit A 3/5 705 und BT-9 in Richtung Herisau.
Jedes der umliegenden Länder hatte in Degersheim seinen Platz, worauf Fahrzeuge, Signale und andere Requisiten ausgestellt waren, vielfach lockten umstehende Restaurants mit dortigem Essen oder Spezialitäten. So fand sich auch ein Platz, bei welcher die (von der Schweiz damals noch nicht anerkannte) Deutsche Demokratische Republik (DDR) einer Darstellung als wert befunden wurde. Mein Bild erschien damals im „Modelleisenbahner“.
Auf der Anfahrt aus Konstanz über die MThB (weil dort noch Wasserkrane vorhanden waren) nach Wil und mit Spitzkehre in Wattwil folgte die 023 040-9 (wenn die Nummer stimmt?), hier kurz vor dem Ziel Degersheim.
Auch die beteiligten Bahnen hatten die Möglichkeit, Werbung am eigenen Stand zu machen. So betätigte sich hier unser Depotsekretär Hans Waldburger, genannt „Wabu“, wo ich ihn per Zufall erwischte. Hans Waldburger war einer der aktivsten „Vollbluteisenbahner“ in der Schweiz, sein Wissen war auch in „Doppelt oder Nüt!“ im Schweizer Fernsehen gefragt, was nur ganz wenige Eingeweihte wussten. Als Autor vieler Artikel in erster Linie im „Eisenbahn-Amateur“ später auch andernorts, war er vielen Eisenbahnfreunden zumindest dem Namen nach bekannt. Seine Bahnexkursionen waren immer eine Augenweide und vom Besten! Man darf getrost sagen: „Der kleine Mann mit dem grossen Wissen!“ Eine langjährige, tiefe Freundschaft verband ihn auch mit dem vorgängig genannten Fotografen und „unserem“ SBB-Pilot auf vielen SiTB- und SZU-Fahrten auf dem SBB-Netz, Daniel Heer – dem „Grossen“ im Bunde! Mit beiden unterwegs sorgte Daniels Gemahlin für die gesamte Verpflegung, wie ich des Öfferten erleben durfte. Die SBB-Extrazugszirkulare wurden auf A4-Blätter fein säuberlich und klein abgeschrieben, ergänzt durch die Privatbahn-Infos in gleicher Sache, kopiert und dann verschiedene Fotografen abgegeben, meist mit Wabu’s Weisung, wo man hin sollte, um möglichst viele Bilder des Geschehens an verschiedenen Orten archivieren zu können. Eine Zeit lang funktionierte auch ein Telefonalarm, bis vor allem die Jüngeren ihre Wohnorte wechselten.
Leider sind beide lieben Kollegen zu früh verstorben, aber Bilder und Texte halten sie uns in bester Erinnerung!
Die tolle Broschüre mit Bilder und Typskizzen von Michel Bonny und Hans Bodmer, zwischen den beiden Köpfen links, ist leider längst vergriffen. Sie war etwas vom Besten, dass die SiTB/SZU je herausgab!
Auf der Heimfahrt am Samstag begegnete mir am Abend in Mogelsberg (?) unser 96gi mit dem „langsamen Hans“ (Schnaaggi-Schaaggi!) – warum? Es stellte sich dann heraus, dass auf der später eingetroffenen Ed 3/3-Kastenlok der VHB eine Kohlenstaub-Explosion stattfand und dessen Lokführer Serge Lory (Inhaber der damals im Wiederaufbau begriffenen S 3/6) verletzt worden sei.
Das nächste Wochenende hatte ich keine Zeit zum Fotografieren, da das Standesamt, die Kirche und ein Extrazug mit dem nigelnagelneuen Deh 4/4 52 (Tavetsch-Sedrun) und dessen Komposition auf der FO angesagt war . . . – muss ja auch sein! ;-) Die offerierte und bestellte Dampflok musste leider infolge „Rohrseichens“ ausser Betrieb genommen werden, was sich schon ein Jahr vorher abzeichnete und die angekündigten Dampffahrten tags darauf abgesagt werden mussten.
Da es noch genug zu berichten gibt, folgt eine weitere Abhandlung . .
Viel Spass
Urs Nötzli